Ungewöhnliches - wie ein Ort entstehen kann
Der Kampf um die Eisenbahn-Konzession
Die Eisenbahn kommt
Bau der Strecken Dümpelfeld – Jünkerath und Jünkerath - Weywertz
Das für Jünkerath wohl bedeutendste Ereignis nach der Jahrhundertwende war die Planung und der Bau der Strecke Adenau - Jünkerath - Weywertz. Es ist klar, dass der Bau einer Bahnlinie von Remagen entlang der Ahr bis Jünkerath ohne eine Weiterführung in Richtung Belgien aus Sicht der Militärs sinnlos gewesen wäre.
Planung und Bau dieser beiden Strecken, deren Aus- bzw. Endpunkt der Bahnhof Jünkerath war, hatte für diesen entscheidende Auswirkungen. Stellte Jünkerath für die Verbindung Trier – Köln schon eine wichtige Station als Ausgangs- und Endpunkt von Zugleistungen und zum Lokwechsel für durchgehende Züge dar, mussten jetzt von hier aus auch Züge in Richtung Ahr und Belgien bedient werden. So wurden mit dem Baubeginn der Ahrstrecke von Dümpelfeld über Hillesheim nach Jünkerath und der Strecke Jünkerath - Losheim - Weywertz im Jahre 1909 umfangreiche Aus- und Umbauarbeiten in Jünkerath vorgenommen.
Die Planung sah praktisch einen kompletten Neubau vor. Außer dem Bereich der Betriebswerkstätte, die ihre alte Gleisanlage im Großen und Ganzen behielt und nur wesentlich ausgebaut wurde, erfolgte für den restlichen Bahnhofsbereich eine großzügige Neuanlage.
Befand sich der Personenbahnhof mit seinen Bahnsteigen bis zu diesem Zeitpunkt direkt vor dem Hauptgebäude, so reichte der Platz für eine um einen Bahnsteig zu vergrößernde Anlage hier nicht mehr aus. Der Personenbahnhof wurde deshalb ganz in südöstlicher Richtung (Richtung Trier) verschoben und erhielt nun 5 Gleise mit zwei Mittelbahnsteigen, die durch eine Unterführung vom Empfangsgebäude aus erreicht werden konnten. Außerdem erhielten sie eine Überdachung. Wie hoch die Bedeutung des neuen Bahnknotenpunktes damals eingeschätzt wurde, lässt die Tatsache erkennen, dass man von Lissendorf aus die Ahrstrecke parallel zur alten Eifelbahn bis nach Jünkerath durchführte, hier ein viergleisiger Abschnitt zwischen den beiden Bahnhöfen entstand und die Strecken so in den neuen Bahnhof einführte.
Als noch wichtiger sah man wohl das nun steigende Güterverkehrsaufkommen an. Es lag auf der Hand, den ab jetzt viel zu kleinen Güterbahnhofsbereich ebenfalls entsprechend neu auszubauen. So nutzte man vom Bahnhofsgebäude aus gesehen das Gelände in nordöstlicher Richtung zum Bau einer völlig neuen Güterbahnhofsanlage, die der Bedeutung des aufgewerteten Eisenbahnknotenpunktes angemessen war. Güter- und Personenzugbetrieb konnten so in neuen Gleisanlagen hintereinander und mussten nicht mehr nebeneinander abgewickelt werden. Der Bereich des Güterbahnhofes erstreckte sich vom Bahnhofsgebäude aus in Richtung Köln bis zum Anfang des Ortes Glaadt, wo auch die Strecke in Richtung Belgien abzweigte.
Der Güterbahnhofsbereich verfügte über 15 nutzbare Gleise, die sich zu beiden Seiten der Streckengleise ausbreiteten. Zwischen den Einfahrgleisen aus Richtung Köln, bzw. Belgien und der Kyll entstand ein weiterer Abstellbahnhof. Dieser war möglich geworden, weil die Kyll im Zusammenhang mit den Bahnbauten begradigt und die Gleisanlagen insgesamt um ca. einen Meter höher gelegt wurden. So verhinderte man die ständigen Überschwemmungen der Bahnanlagen.
Diesen neu geschaffenen Bahnbereich nutzte man weiter zum Bau einer Bahnmeisterei, für Gleise zur Reinigung von Reisezugwagen und stellte dort gleichzeitig den Anschluss an das hier liegende Raiffeisendepot her. Auf der gegenüberliegenden Seite erhielt der Bahnhof eine lange Militär-Laderampe und einen neuen, großen Güterschuppen mit dazu gehörender Freiladerampe, Lademaß und Gleiswaagen. Ebenfalls auf dieser Seite befand sich das Ausziehgleis und der Ablaufberg, um ankommende Güterzüge rangieren und neu zusammenstellen zu können.
Den gesamten Bahnhofsbereich teilte man in fünf Aufsichtsbezirke ein, die nun von vier Stellwerken aus bedient wurden. Das Befehlsstellwerk Jmt befand sich in der Nähe des Empfangsgebäudes, das Stellwerk Jot war zuständig für den Gleisbereich der Ausfahrt in Richtung Trier/Ahr, das Stellwerk Jwt für die Ausfahrt in Richtung Köln und Belgien, das Stellwerk Rt für den Bw-Bereich.
Um dem zu erwarteten größeren Verkehrsaufkommen und damit verbundenen häufigeren Zugfahrten gerecht zu werden, ersetzte man die bis dahin vorhandenen schienengleichen Überwege durch eine Bogen bzw. Gitterstabbrücke bei Glaadt, einer weiteren Straßenbrücke in der Krimm und Unterführungen im Bahnhofs- und Bw-Bereich.
Natürlich bedeutete die Erweiterung der Anlage auch eine wesentliche Erhöhung von Arbeitsplätzen in den verschiedenen Dienststellen. Außerdem musste mit wesentlich mehr Gastpersonal gerechnet werden, das Übernachtungsmöglichkeiten brauchte. So entstanden gegenüber dem Bw-Gelände die sog. Übernachtung und ein Kantinengebäude.
Im Jahre 1912 waren die umfangreichen Bauarbeiten abgeschlossen. Am 21. und 22. Juni erfolgte die polizeiliche Abnahme der Strecke sowie des 3. und 4. Gleises zwischen Jünkerath und Lissendorf. Der fahrplanmäßige Betrieb sah ab dem 1. Juli 1912 dann vier Zugpaare Jünkerath Weywertz und je ein Zugpaar Jünkerath Losheim und Jünkerath Stadtkyll vor. Die Bedeutung des Bahnhofs und des Bahnbetriebswerkes wuchs nach dieser Ausbauphase stark an.
Der Erste Weltkrieg
Am 3. August 1914 begann der Erste Weltkrieg. Jünkerath, gerade erst durch den Bau der Ahrstrecke und deren Weiterführung über Losheim nach Weywertz zu einem zentralen Bahnknotenpunkt gewachsen, erlebte aufregende Tage. Wie kaum ein anderer Ort in der Eifel war Jünkerath durch die von der Bahn hervorgerufene exponierte Stellung und Lage von den neuen Ereignissen betroffen. Am 30. Juli verkehrte der letzte reguläre Personenzug auf der Eifelstrecke. Auch die Post und die Telegrafenverbindungen wurden vom Militär für den zivilen Verkehr geschlossen.
Tag für Tag rollten nun allein über die Ahrtalbahn bis zu 30 Truppentransportzüge in Jünkerath an. Hier wurden die Lokomotiven gewechselt und möglichst ohne großen Aufenthalt ging es weiter in Richtung Belgien an die Front. Die in Jünkerath ansässigen Bahndienststellen und die hier stationierten Eisenbahner hatten Hochkonjunktur. Man schätzt, dass allein über die Ahrtalbahn 40.000 bis 50.000 Soldaten, ca. 3.000 Pferde und 10.000 t Material an die Front gebracht wurden. Dazu kamen die Züge, die von Köln her über die Eifelbahn den Bahnhof Jünkerath erreichten und ebenfalls Soldaten und militärisches Gerät herantransportierten. Täglich verkehrten Nachschubzüge. Im Februar des Jahres 1918 begann man mit dem Bau von Militärbaracken auf dem Gelände des Güterbahnhofes bis hinauf zur Glaadter Brücke. Sie dienten der Verpflegung von Militärtransporten, die jetzt täglich zweimal an die Front gingen. Tag für Tag wurden bis zu 1.500 Mann mit Essen versorgt.
Regiezeit: Kollaboration oder Widerstand
Westwallbau und Zweiter Weltkrieg
1938 begannen die Vorbereitungen für den Westwallbau. Der Bau stellte höchste Anforderungen an die betroffenen Eisenbahndienststellen. Die gesamten, für die Errichtung des Westwalls erforderlichen Baustoffe waren mit größter Beschleunigung aus allen Gegenden des Deutschen Reiches zur Entladung an den Grenzbahnhöfen heranzubringen. Dazu kamen die in großer Zahl verkehrenden Sonderzüge, die die Westwallarbeiter aus dem gesamten Reich herantransportieren sowie die Urlaubsfahrten. Wiederum hatte der Bahnhof Jünkerath Hochkonjunktur. Der Güterwagenumschlag stieg auf täglich 700 Wagen an. Die ungeheure Verkehrssteigerung mit Höchstbelastungen sämtlicher Strecken und Bahnhöfe zwang zu Bahnhofs und Gleiserweiterungen. Um das Aufkommen zu bewältigen, teilte man den Bahnhof in drei Rangierbezirke auf, in denen die Zugbildung vorgenommen wurde.
Im Bereich Jünkerath waren im Jahre 1939 etwa 850 Eisenbahner bei vier Dienststellen beschäftigt:
- Bahnhof:Betriebs- und Zugfahrdienst
- Bahnmeisterei:Bahnunterhaltung im Gleis, Signal und Telefondienst
- Güterabfertigung:Verkehrs und Kassenwesen
- Bahnbetriebswerk:Lokfahr-, Elektro-, Wagen- und Reparaturdienst
Stunde Null Dienstbeginn mit ungewissem Ausgang
Bei Kriegsende glich der Bahnhof Jünkerath mit seinen Gleisanlagen einem Schlachtfeld. Aber schon am 20. März 1945 wurde die Grundlage für den Wiederaufbau der Eisenbahnanlagen geschaffen. Anfang Juli wurden alle Eisenbahner aufgefordert, sich bei ihren Dienststellen zu melden und den Aufräumdienst anzutreten. Unter den schlechtesten Bedingungen begann auch in Jünkerath der Wiederaufbau. Alle verfügbaren Eisenbahner waren damit beschäftigt, Trümmerhaufen zu beseitigen, Brauchbares zu bergen und Maschinen in Sicherheit zu bringen. Aus den buchstäblich verschlungenen Gleistrümmern wurden die noch verwendbaren Stücke herausgeschnitten und sofort wieder verlegt. So setzte man nach und nach Gleise und Weichen wieder instand, was bei dem Ausmaß der Zerstörung gewaltige Anstrengungen erforderte, zumal man auf die einfachste Art seine Arbeit verrichten musste. Es gab so gut wie keine Maschinen oder Arbeitsgeräte, die die Arbeit hätten erleichtern können. Handarbeit war gefragt. Auch Lokomotiven fehlten oder waren nicht betriebsbereit. Wollte man Schutt, gerettete und noch brauchbare Teile transportieren, musste der Eisenbahnwagen von Hand geschoben werden.
Aus den Trümmern der gesprengten Stellwerke barg man so viel Baumaterial, dass es für den Aufbau von drei neuen Stellwerken ausreichte. Die technischen Einrichtungen wie Signal und Weichenhebel, Seilzüge und Lenkrollen wurden ebenfalls aus den Schuttresten geborgen und nach Überarbeitung wieder ihrer alten Bestimmung übergeben. Es gelang sogar, aus den Resten des Befehlsstellwerkes den elektromechanischen Stelltisch zu bergen und eine kleine Neuanlage zu schaffen.
Zu diesem Zeitpunkt waren folgende Gleise im Bahnhof Jünkerath wieder in Betrieb: Die Gleise 1, 2, 3 und 5 als Bahnsteiggleise; die Gleise 16,19, 21, 23 und 24 im Güterbahnhof und die Gleise 40, 43 und 44 im Bw-Bereich. Schon bald musste der Dienst des Fahrdienstleiters in zwei Schichten abgewickelt werden, da der Zug und Rangierbetrieb laufend zunahm.
Mit dem Fahrplanwechsel im Mai des Jahres 1948 erlangte der Rangierbahnhof wieder die Bedeutung eines Knotenbahnhofs, und auf allen Dienststellen lief die Arbeit wieder in drei Schichten. Ende Oktober des Jahres 1948 war auch der Wiederaufbau der Losheimer Strecke beendet. Doch der Zugbetrieb wurde erst im Frühjahr des folgenden Jahres wieder mit Zügen als GmP aufgenommen.
Rationalisierung und Stilllegungen
Aber auch Jünkerath blieb von dem sich anbahnenden Strukturwandel nicht verschont. Der Güterverkehr verlagerte sich mehr und mehr auf die Straße und in den folgenden Jahren machten sich die ersten Rationalisierungsmaßnahmen bemerkbar. Die Belegschaft der Bahnmeisterei wurde verkleinert, Güterabfertigung, Bahnhofskasse und Fahrkartenausgabe dem Bahnhof angegliedert. Von nun ab fielen Jahr für Jahr immer mehr Arbeitsplätze dem Rotstift zum Opfer.
Der Fahrplanwechsel am 26. Mai 1963 brachte das Aus für den Reisezugverkehr auf der Strecke nach Losheim. 1966 organisierte die DB ihre Dienststellen neu. Das Bw Gerolstein, seit 1959 eine Außenstelle des Bw Jünkerath, entstand erneut, und die Bw Jünkerath und Kreuzberg galten ab jetzt als Außenstellen. Außerdem zog man den Hilfszug, bestehend aus einem Arzt, einem Geräte und einem Mannschaftswagen ab und die Lokreparatur und Lehrlingswerkstatt (ca. 70 Arbeitsplätze) wurden aufgelöst.
Doch der Abbau von Arbeitsplätzen war damit immer noch nicht zu Ende. Man verlegte die bis dahin in Jünkerath anfallenden Zugbildungsaufgaben für Nebenbahnen nach Ehrang. Am Ort verblieb lediglich eine Kleinlok (Köf II), die, außer der Ortsbedienung, die Übergabefahrten nach Lissendorf, Hillesheim, Oberbettingen, Schmidtheim und Dahlem übernahm.
Zum 3. Juni 1973 stellte man den Reisezugverkehr auf der Ahrstrecke zwischen Dümpelfeld und Lissendorf (Jünkerath) ein, am 3. September des gleichen Jahres auch den Güterverkehr zwischen Dümpelfeld und Hillesheim. Die Gleise wurden bald darauf abgebaut. Lediglich die Bedienungsfahrten mit Güterwagen nach Hillesheim blieben vorerst noch bestehen.
Im gleichen Jahr gab die Güterabfertigung ihre Tätigkeit auf. Den Wagenladungsverkehr übernahm der Bahnhof Kall, den Stückgutverkehr der Bahnhof Gerolstein. Die Bahnmeisterei (Bm) löste man 1975 auf und teilte sie der Bm Kall (ca. 30 - 40 Arbeitsplätze) zu. Mit Beginn des Sommerfahrplanes 1975 kam das Aus für den Aufsichts- und Rangierbezirk 1. Von jetzt ab wurde Jünkerath nur noch mit Übergabefahrten bedient.
Für die letzte Eisenbahn-Dienststelle „Bahnhof Jünkerath“ kam die Auflösung am 1. Februar 1979. Die Zugpersonale fanden eine neue Dienststelle im Bahnhof Euskirchen und das stationäre Personal im Bahnhof Kall. So hatte man innerhalb von 20 Jahren die Anzahl der Arbeitsplätze in Jünkerath von etwa 700 auf 20 wegrationalisiert, eine Tatsache, die gerade für den strukturschwachen Raum von besonders schwerwiegender Bedeutung war.
Aber auch Gleise mussten sich einen Rückbau gefallen lassen. Im Bereich des Stellwerkes Jw erfolgte ein Weichenrückbau und die vier Rangiergleise 20, 21, 22 und 23 wurden zu Stumpfgleisen. Das Stellwerk Jw wurde nur noch für Fahrten in Richtung Belgien gebraucht. Es musste deshalb nicht mehr dauernd besetzt sein und wurde ab diesem Zeitpunkt nur noch bedarfsweise von einem Stellwerker bedient.
Die Strecke nach Losheim befuhr am 8. Oktober 1981 der letzte Zug, nachdem wegen angeblicher Unwirtschaftlichkeit auch der Güterzugdienst eingestellt wurde. Aus strategischen Gründen und militärischem Interesse der NATO durften die Bahnhofs- und Streckengleise jedoch nicht zurückgebaut werden. Im Gegenteil, im Oktober 1985 erneuerte die DB den Oberbau zwischen Jünkerath und Losheim. Nachdem im Frühjahr 1986 auch die Brückenbauwerke wieder instand gesetzt waren, konnten auf der gesamten Strecke wieder Schwertransporte gefahren werden.
Am 11. Oktober 1986 fand dann ein seltenes Ereignis statt: Eine Eisenbahnstrecke wurde (wieder)eröffnet. Ein Sonderzug mit 9 Wagen und über 600 Fahrgästen machte die Eröffnungsfahrt nach Losheim. Zur erstmaligen Eröffnung der Strecke 1912 konnte es kaum festlicher zugegangen sein. Bei Presse, Rundfunk und Fernsehen stieß die Wiedereröffnung auf reges Interesse. Seit diesem Zeitpunkt stand die Strecke auch wieder dem normalen Güterverkehr zur Verfügung. Nach Bedarf wurden die Bahnhöfe bis Losheim mit Übergabezügen bedient. Der zunächst auf ein Jahr befristete Versuch schien zu gelingen.
Auch mit der „Deutschen Bahn AG“ wird´s nicht besser
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