Museumsstück des Monats Dezember 2024: Morse-Apparat

Manfred Jehnen • 27. Dezember 2024

Museumsstück des  Monats Dezember 2024: Der Morseapparat

Unser Museumsstück des Monats Dezember 2024 ist ein Gerät, das bereits in den frühen Jahren der Eisenbahnen Deutschlands im Einsatz und noch bis weit ins 20. Jahrhundert hinein weit verbreitet war: der Morseapparat.


Die Möglichkeit, Mitteilungen mit Hilfe von elektrischen Strömen über weite Strecken weiterzugeben, stellte einen großen Fortschritt in der Kommunikation dar. Die Entwicklung dieser Technik fiel zeitlich mit dem Bau der ersten Eisenbahnen zusammen. Das war für die Entwicklung der Eisenbahn außerordentlich wichtig, denn um den Verkehr mit diesem neuen Verkehrsmittel sicher und effizient durchführen zu können, bedurfte es einer schnellen Kommunikation. Es war der amerikanische Erfinder Samuel Morse, der ab 1837 den ersten brauchbaren Schreibtelegrafen entwickelte. 

Diese Telegrafen, nach ihrem Erfinder auch „Morseapparate“ genannt, setzte man überall auf der Welt auf vielerlei Gebieten ein. Um 1850 setzte sich Morses Technik auch in Deutschland durch. 1865 wurde das Morsealphabet im Rahmen des „Internationalen Telegraphenkongresses“ in Paris standardisiert, was die Kommunikation über Ländergrenzen hinweg deutlich vereinfachte.


Das Morsealphabet ist ein Zeichensatz zur Übermittlung von Buchstaben, Zahlen und übrigen Zeichen. Es besteht aus drei Symbolen: kurzes Signal (Punkt), langes Signal (Strich) und Pause. 


Mit Hilfe der Morseapparate wurden die übermittelten Signale sichtbar gemacht, indem ein Schreibstift auf einen Papierstreifen drückte. Der Schreibstift wurde durch einen elektrischen Impuls gesteuert, den der Beamte, der die Nachricht absendete, dadurch beeinflusste, indem er mehr oder weniger lang auf seinen Morsetaster drückte. Der Empfänger-Apparat druckte dann die Nachricht auf einem Papierstreifen aus.

Am besten kann man das System an dem bekannten Notfall-Signal für SOS erklären. Das S besteht im Morsealphabet aus drei Punkten, das O aus drei Strichen. SOS wird daher als Morsecode „··· ­­­ ···“ geschrieben.


Die Eisenbahnen hatten eigene Telegraphenanlagen, die auf der Grundlage der Eisenbahn-Bau- und Betriebsordnung (EBO) errichtet wurden. Nach der EBO von 1904 waren zum Beispiel auf Hauptbahnen und solchen Nebenbahnen, die mit mehr als 40 km / h befahren wurden, die Zugfolgestellen durch Telegrafen und auf sonstigen Strecken durch Telegrafen oder Fernsprecher zu verbinden. 


Es gab verschiedene Telegrafenleitungen. Die erste Leitung, Bezirksleitung genannt, diente der Kommunikation mit den benachbarten Dienststellen und war je nach Erfordernis in zwei oder mehr Kreise abgeteilt. Die zweite Leitung, als Fernleitung bezeichnet, diente der Fernkommunikation. Darüber hinaus gab es auf Hauptbahnen und verkehrsreichen Nebenbahnen noch eine besondere Morseleitung für den Zugmeldedienst, die sogenannte Zugmeldeleitung.


In Jünkerath gab es sicher unzählige Morseapparate für die verschiedenen Zwecke, doch auch auf  den Bahnhöfen der Nebenbahnen kamen sie selbstverständlich zum Einsatz. Zur Ausstattung der Bahnhöfe an der oberen Ahr findet man beispielsweise in einem Amtsblatteintrag vom 5. Mai 1913 folgenden Eintrag:

 

„Auf der neu eröffneten Strecke Ahrdorf - Blankenheim (Wald) ist eine Bezirksmorseleitung hergestellt, worin nachstehende Stationen mit je einem Morseapparat eingeschaltet worden sind. Die Rufzeichen der Stationen sind in [ ] beigesetzt: Ahrdorf [h], Dollendorf (Eifel) [l], Freilingen (Eifel) [r], Mülheim (Eifel) [ü], Blankenheim (Eifel) [o], Blankenheim (Dorf) [d] und Blankenheim (Wald) [b].“

 

Die Rufzeichen waren wichtig, damit der Empfänger einer Nachricht wusste, dass er und nicht eine der anderen Stationen in der Kommunikationskette gemeint war. Der Beamte im Telegrafendienst hatte eine genaue Vorgehensweise zu beachten. Es galt die Reihenfolge

 

1. Anruf,

2. Meldung,

3. Abtelegrafierung (Abgabe) und Aufnahme,

4. Empfangsbestätigung (Quittung).

 

Um den Ablauf einer Kommunikation zwischen zwei Bahnhöfen zu verdeutlichen, soll nachfolgend ein Telegramm zwischen den Bahnhöfen Ahrdorf (Rufzeichen h) und Dollendorf (Rufzeichen l) beschrieben werden. Die Darstellung ist einem Fachbuch aus dem Jahre 1920 entnommen, lediglich die Namen und die Rufzeichen wurden angepasst:

 

„Will die Station Ahrdorf an die Station Dollendorf ein Telegramm abgeben, so telegrafiert sie zunächst ununterbrochen das für Dollendorf festgesetzte Rufzeichen l („· ­­ ··“). In dem Wechsel dieser Zeichen klappern nun die Schreibhebel aller in die Leitung eingeschalteten Morsewerke der Stationen der oberen Ahrtalbahn. An dem Takt der Zeichen hört der Beamte in Dollendorf, dass er gemeint ist. Er drückt zunächst auf seinen Taster und unterbricht so den Strom, der Stift der Schreibhebel liegt jetzt überall gegen den Papierstreifen und würde dort, wo der Papierstreifen läuft, einen ununterbrochenen Strich erzeugen.

 

Dadurch, dass infolge der Stromunterbrechung das Morsewerk in Ahrdorf (und den restlichen Bahnhöfen der Strecke) aufhört zu klappern, merkt der Beamte in Ahrdorf, dass Dollendorf seinen Ruf gehört hat und sich melden will. Er lässt seinen Taster los.

 

Jetzt meldet sich Dollendorf mit den Worten „Hier l“. Ahrdorf gibt das Verstanden-Zeichen (ve, ··· ­ ·) und fügt sein eigenes Rufzeichen h (····) hinzu. Jetzt ist die Verbindung zwischen den Beamten in Ahrdorf und Dollendorf hergestellt und die eigentliche Telegrammabgabe kann beginnen. Ahrdorf telegraphiert den gewünschten Text und beendet ihn mit dem Schlusszeichen „· ­ · ­ ·“. Hat Dollendorf das Telegramm entziffert, so hat es nunmehr Quittung zu geben, und zwar in der Form „· ­ · · ­ · · ­ ·“. Das bedeutet „rrr“ und steht für „richtig“.

 

Anhand dieser sehr stark verkürzten Darstellung kann man erkennen, dass der Telegrafendienst viel Übung und viel Konzentration erforderte. Es durften deshalb auch nur solche Beamte oder sonstige Bedienstete zu dieser Tätigkeit herangezogen werden, die von der zuständigen Behörde geprüft und zugelassen waren.

 

Die „Vorschriften für den Telegraphendienst“ von 1908 regelten die Details des Dienstes. Die mit der Bedienung der Telegrafeneinrichtungen betrauten Beamten hatten sich während der vorgeschriebenen Dienstzeiten so einzurichten, dass sie den telegrafischen Anruf ungehindert hören und sofort beantworten konnten.

 

Um den Telegrammverkehr nachvollziehbar und sicher zu machen, mussten die ankommenden Telegramme mit allen Dienstvermerken auf den Morsestreifen aufgenommen und in der Reihenfolge ihrer Ankunft in die dafür vorgesehenen Telegrammbücher eingetragen werden. Morsestreifen, Telegrammbücher etc. waren zu Beweiszwecken mindestens ein Jahr aufzuheben. Das war deshalb so wichtig, damit man zum Beispiel bei Unfällen genau nachvollziehen konnte, wer welche Meldung abgegeben hatte. Telefone, damals Fernsprecher genannt, eigneten sich dafür nicht.

 

Wie uns ein ehemaliger Eisenbahner berichtete, waren Morseapparate an den Nebenstrecken noch bis in die 1950er Jahre im Einsatz.

 

Obwohl viele tausend solcher Geräte bei den deutschen Eisenbahnen genutzt wurden, findet man heutzutage kaum noch welche. Unser Morsegerät konnten wir bei ebay ergattern. Ein weiteres, allerdings unvollständiges Gerät, wurde im Hochwasser 2021 stark beschädigt und wartet noch auf seine Restaurierung. Unser Traum ist es, einmal mehrere Geräte zu verbinden und in Funktion setzen zu können.

von Manfred Jehnen 23. April 2025
Unser Museumsstück des Monats sind zwei kleine Metallnägel, die große Eisenbahngeschichte erzählen: In unserem Museum befinden sich ein Schwellennagel mit der Jahreszahl „32“ sowie einer mit dem Kürzel „DR“ für die Deutsche Reichsbahn. Diese Nägel wurden einst in Holzschwellen eingeschlagen, um das Verlegejahr oder die zuständige Bahnverwaltung zu kennzeichnen. Sie zeigen eindrucksvoll, wie selbst unscheinbare Gegenstände wichtige Hinweise auf den Bahnbetrieb vergangener Zeiten geben können.
von Manfred Jehnen 10. April 2025
Das Eisenbahnmuseum Jünkerath ist prominent in der aktuellen Ausgabe des Magazins "der schienenbus" vertreten. In der Ausgabe 2-2025 hat Redakteur Marcus Janke dem Museum vier DIN A5-Seiten im Heft gewidmet. Unter der Überschrift "Von der Museumseisenbahn zum Eisenbahnmuseum" beschreibt Marcus Janke den manchmal ganz schön steinigen Weg, den die Eisenbahnfreunde Jünkerath seit ihrer Gründung im Jahre 1986 zurückgelegt haben und gibt den Lesern einen Einblick in unser Museum.
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Am 06.04.2025 fand eine Wanderung des Eifelvereins Gerolstein auf den Spuren der Strecke Hillesheim - Gerolstein statt. Wanderführer war unser Vereinsmitglied Helmut Bell.
von Manfred Jehnen 31. März 2025
Im Eisenbahnmuseum Jünkerath startet am 5. April die Museumssaison 2025. Ab diesem Tag öffnen wir bis Ende September jeden Samstag von 14:00 Uhr bis 16:00 Uhr unser Museum und freuen uns auf zahlreiche Besucher.
von Manfred Jehnen 27. März 2025
Am 25.03.2025 waren wir bei den Eisenbahnfreunden Euskirchen e.V. zu Besuch, die es sich zur Aufgabe gemacht haben, den 1885 gebauten Rechteck-Lokschuppen zu sanieren und sich um die im Schuppen stehenden Lokomotiven zu kümmern.
von Martin Kreckler 27. März 2025
Am 23. März 2025 wurde das Buch von Martin Kreckler über die rechtsufrige Moselbahn im Rahmen der „Ausstellung über die wechselhafte Geschichte des Treis-Bruttiger Tunnels“ in Treis-Karden vorgestellt. Ca. 60 interessierte Besucher verfolgten den rund eineinhalbstündigen Vortrag.
von Manfred Jehnen 25. März 2025
Das Museumsstück des Monats März 2025 ist eine außergewöhnliche Dienstvorschrift. Es handelt sich um die "Dienstvorschrift für den Gebrauch der fahrbaren Schneepflüge". Sie wurde von der Reichsbahndirektion Saarbrücken herausgegeben und hat - im Gegensatz zu allen anderen bekannten Vorschriften - keine Nummer. Möglicherweise ist sie speziell von und für die Direktion Saarbrücken entwickelt worden. Nach dem Krieg wurde die Vorschrift weiter genutzt und lediglich "entnazifiziert".
Der historische Reisebus der Firma Hoffmann aus Nohn vor dem Museumsbahnhof Ahütte.
von Manfred Jehnen 24. März 2025
Im Auftrag des Museumsbahnhofs Ahütte war ich heute als Reiseführer mit knapp 20 Fahrgästen im historischen Bus der Firma Hoffmann aus Nohn unterwegs an der ehemaligen Eisenbahnstrecke Hillesheim - Gerolstein. Unterwegs hatten die Fahrgäste Gelegenheit, Fotos zu schießen. Auch dort, wo nicht mehr viel zu sehen ist, konnten die interessierten Gäste anhand von vorbereiteten Fotos und Karten aus dem Archiv unseres Eisenbahnmuseums einiges sehen und lernen.
Am 15.03.2025 fand die Präsentation des neuen Buches der Eisenbahnfreunde Jünkerath statt.
von Manfred Jehnen 15. März 2025
Knapp 50 interessierte Besucher hatten sich am 15.03.2025 um 15:00 Uhr im Eisenbahnmuseum Jünkerath versammelt. Anlass war die Präsentation eines Buches der Eisenbahnfreunde Jünkerath über eine interessante Bahnstrecke. Die sogenannte „rechtsufrige Moselbahn“ wurde vor über 100 Jahren geplant, aber nie zu Ende gebaut. Dennoch oder vielleicht gerade deswegen verbirgt sich dahinter eine spannende Geschichte, die Martin Kreckler von den Eisenbahnfreunden Jünkerath in einem 384 Seiten umfassenden Buch dokumentiert hat.
von Manfred Jehnen 28. Februar 2025
Unser Museumsstück des Monats ist diesmal ein Fahrschein, über den wir so gut wie nichts wissen. Wir sind also auf eure Hilfe angewiesen, denn keiner konnte uns sagen, wer diese Fahrscheine - wir haben einen ganzen Block davon - ausgegeben hat und in welcher Zeit diese gültig waren. Der Fahrschein ist 10,5 cm lang und 6 cm hoch. Es gibt noch eine andere Version des Fahrscheins, die nur 25 Pfennig gekostet hat. Diese Preisdifferenz könnte auf die Inflationszeit um das Jahr 1923 hindeuten, kann aber auch einen ganz anderen Hintergrund haben. Wir setzen also auf das "Schwarmwissen". Wer etwas über diese Art Fahrscheine weiß, den bitten wir um eine Nachricht unter info@eisenbahnmuseum-juenkerath.de. Vielen Dank für die Mithilfe!